Mühlengebäude aus Rörshain
Erbaut: 1796 bis 1799
Abgebaut: 1984
Wiedererrichtet: 1984/85
Das zweistöckige Wohn- und Mühlengebäude stammt aus dem nordhessischen Naturraum Schwalm und war Teil eines großen Dreiseithofes nördlich des Dorfes Rörshain. Das Anwesen lag am alten Standort in unmittelbarer Nähe des Zeigerich, einem alten Waldgebiet des heutigen Staatsforstes Frielendorf, weswegen die Mühle auch unter dem Namen Zeigerichsmühle bekannt ist. Die erste Erwähnung einer Mühle auf diesem Gebiet ist für das Jahr 1564 nachgewiesen. Seit Ende des 18. Jahrhunderts war sie im Besitz der Familie Völcker. Georg Claus, verheiratet mit Anna Katharina (geb. Völcker), wird 1952 als Eigentümer genannt. 1977 übernahm sein Sohn Horst Claus als letzter Besitzer die Zeigerichsmühle.
Das Gehöft wurde mehrfach umgebaut und der Landbesitz erweitert. Laut eines Lageplans bestand das Mühlengehöft 1923 aus Wohn- und Mühlengebäude, Stallscheune, Stall und einem Backhaus, das 1977 abgebrochen werden musste. Die Getreide- und Ölmühle versorgte die Orte Linsingen, Michelsberg, Rörshain, Leimsfeld und Niedergrenzebach, bis auch sie in den Sog des Mühlensterbens geriet. Mitte der 1920er-Jahre wurde die Ölstampfe (für Rapssamen und Bucheckern) stillgelegt und ausgebaut, auch die Mehlproduktion nahm stetig ab. Lediglich der Schrotgang für Viehfutter gab dem Müller der Zeigerichsmühle bis Anfang der 1950er-Jahre Arbeit. Diese Entwicklung ging einher mit der Verlagerung der Produktion von Schrot in den landwirtschaftlichen Bereich seit dem Beginn des Jahrhunderts. In Verbindung mit dem Neubau eines Wohnhauses endete die Wohnnutzung des Gebäudes, es folgte die Stilllegung und die Abmeldung des Gewerbes am 1. Januar 1955 bei der Industrie- und Handelskammer Kassel.
Besondere äußere Merkmale sind die dekorativen Kratzputzornamente und die Ausmalung von Gefachen im Obergeschoß mit geometrischen und pflanzlichen Ornamenten aus dem Jahr 1799. Ein Feld ist mit folgendem Spruch verziert:
REDE EIN WENNIG, / UND MACH ES WAR, / LENNE EIN WENNIG, UND /
BEZAL ES BAR, UND LAS / EIN IEDERN WER ER IST / SO BLEIBST DU AUCH / WER DU BIST ANNO 1799.
Das Gebäude wird im Freilichtmuseum Hessenpark in seinem äußeren Erscheinungsbild vor 1850 gezeigt. Im Innern wurde es entkernt und dient als Verwaltungsgebäude. Im Keller ist ein Standesamt eingerichtet, im Obergeschoss hat die Hessische Uhrmacherschule (HUS) ihren Sitz. Seit dem 1. August 2019 beherbergt das Gebäude außerdem eine Uhrmacherwerkstatt.
Seit 2017 wird das Mühlengebäude aus Rörshain saniert. Das Standesamt zieht deswegen in das Haus aus Münchhausen in die Baugruppe Mittelhessen um.