Schlafende Häuser
Seit der Gründung des Freilichtmuseums im Jahr 1974 gab es unterschiedliche Ausstellungsplanungen für die einzelnen Baugruppen. Insbesondere während der ersten Aufbauphase bis zum Ende der 1980er-Jahre wurden zahlreiche vom Abriss oder vom Verfall bedrohte historische Wohnhäuser, landwirtschaftliche Nutzgebäude oder Werkstätten in das Museum überführt. Von den 222 historischen Gebäuden, welche sich heute hier befinden, sind zurzeit 109 wieder aufgebaut und zu besichtigen. Die andere Hälfte dieser Objekte lagert zu Stapeln aufgesetzt im gesamten Museumsgelände verteilt. Diese dezentrale Lagersituation der 113 noch nicht aufgebauten Gebäude besteht seit dem Sommer 1999. Damals wurden die Hausstapel in die Baugruppen verbracht, in denen sie später einmal errichtet werden sollten, um den Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in die Aufbaupläne des Museums zu ermöglichen.
Im Laufe der Zeit hat sich jedoch gezeigt, dass die Aufbaupläne des Museums aus den ersten Jahrzehnten nicht mehr in dem Umfang realisiert werden können, in dem sie einst geplant wurden. Die Wiedererrichtung einer so großen Anzahl historischer Gebäude lässt sich allein aus finanziellen und betriebstechnischen Gründen heute nicht mehr umsetzen. Noch wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sich in den letzten drei Jahrzehnten die wissenschaftlichen Ansprüche an die Dokumentation historischer Gebäude beim Abbau, die Technik der Überführung der Objekte ins Museum (zum Beispiel Ganzteil- oder Großteil-Translozierung) und die Erforschung ihrer Bewohner- und Nutzungsgeschichte am alten Standort stark weiterentwickelt haben. Solche Anforderungen müssen erfüllt sein, wenn ein historisches Gebäude in einem Museum wiedererrichtet werden soll.
Heute behindern viele der Hausstapel die Sanierungsarbeiten an den bereits errichteten Gebäuden und notwendig werdende Landschaftsumgestaltungen. Die Umlagerung der Hölzer und der Bauteile eines Gebäudes erfordert einen großen Personaleinsatz und verursacht enorme Kosten. Ab dem Winter 2010/2011 wurde ein zentrales Hauslager im Gelände am Nordrand des Freilichtmuseums eingerichtet. Dorthin werden nun alle lagernde Gebäude versetzt, die für einen Wiederaufbau in Frage kommen oder aufgrund ihrer baulichen Besonderheit aufbewahrt werden. Bei der Umlagerung werden sämtliche Hölzer eines historischen Gebäudes gesichtet und bewertet, um deren Vollständigkeit zu prüfen sowie der Erhaltungszustand und den Restaurierungsbedarf bei einem Wiederaufbau zu ermitteln.
Bei der Erstellung von Ausstellungskonzepten für die einzelnen Baugruppen wird darüber hinaus genau geprüft, ob die dort für den Wiederaufbau vorgesehenen Gebäude tatsächlich den heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden. Wenn dies nicht der Fall ist, wird die Möglichkeit der Abgabe einzelner Hausstapel an andere Freilichtmuseen, an ihre Vorbesitzer oder an die Herkunftsgemeinden geprüft. Dies geschieht unter Berücksichtigung aller Maßgaben des Internationalen Museumsrates (International Council of Museums, ICOM) und des Deutschen Museumsbundes (DMB) für nachhaltiges Sammeln und für die Abgabe von Museumsgut.