Haus aus Heskem
Erbaut: um 1674
Abgebaut: 1974
Wiedererrichtet: 1977
Böhmerschmiedts Hof aus Heskem wurde im Freilichtmuseum fälschlicherweise als Einhaus wieder aufgebaut. Bei der Bauaufnahme wurde die Tatsache, dass der zweizonige Wohnteil, in älterer Wandständerbauweise errichtet, im 18. Jahrhundert um einen Wirtschaftsteil in Stockwerkbauweise ergänzt wurde, falsch gedeutet. Beim Wiederaufbau im Museum führte man das Gebäude auf den vermuteten Urzustand eines Einhauses zurück. Es handelt sich beim Haus aus Heskem aber um ein reines Wohnhaus, welches Teil einer Hofanlage war, die wiederum aus mehreren Gebäuden bestand. Das Haus erregte bereits in den 1960er-Jahren die Aufmerksamkeit des Marburger Architekten und Volkskundlers Karl Rumpf (1885-1968). Beim Museumsbau wurde die Eingangssituation der Ernzone mit tiefliegender, quergeteilter Haustür nach einer Zeichnung von Karl Rumpf rekonstruiert.
Das Fachwerkgefüge des Wohnteils dieses vermutetenen Einhauses zeigt Merkmale des Ständerbaus wie geschossübergreifende Bund- und Eckständer an den Traufseiten sowie geschossübergreifende Langstreben. Die Eckständer stehen nicht auf dem Schwellenkranz, sondern direkt auf dem Fundament. Die Giebelseite dagegen wurde stockwerkweise verzimmert.
Der ebenfalls zweizonige Wirtschaftsteil mit Stall und Tenne ist eine Neuschöpfung der Wiedererrichtung. Baudetails wie Fenster, Treppe und Türen wurden ohne Befund, also ohne nachweisbaren Beleg, der Erbauungszeit nachempfunden. Die Raumstruktur im Inneren ergab sich aus dem Fachwerkgefüge.
Zur Erbauungszeit des Wohnhauses um 1674 könnte das Haus ein Weichdach getragen haben. Bei der Sanierung im Jahre 2013 wurde das Dach mit Roggenlangstroh neu eingedeckt, weil davon ausgegangen werden kann, dass das Haus zur Zeit seiner Erbauung, wie die meisten ländlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude, mit Stroh gedeckt wurde. Insgesamt stellt dieses ohne eindeutige Befunde wieder aufgebaute Gebäude ein mahnendes Beispiel für den unangemessenen musealen Umgang mit historischer Bausubstanz dar. Mangelnde Erfahrung mit Translozierung, Ausfachung und Verputz von Fachwerkgebäuden führte in den Anfangsjahren des Freilichtmuseums zur Verwendung ungeeigneter Baumaterialien und dies hatte innerhalb weniger Jahre starke Bauschäden zur Folge.