Dreschhalle
Nachbau mit Schaudepot zum Thema „Dreschen“
Errichtet: 2015
Dreschhallen waren schlichte, offene Funktionsbauten am Dorfrand, die meist von den weniger wohlhabenden Landwirten im Ort gemeinschaftlich errichtet wurden. Der Gebäudetyp entstand mit der fortschreitenden Technisierung auf dem Land ab den 1860er-Jahren. Diese Hallen dienten als Wetterschutz und Unterstellmöglichkeit für die neuen, per Dampf und später Strom angetriebenen Dreschmaschinen, welche die unterschiedlichen Arbeitsschritte des Dreschens im Akkord ermöglichten. Eine weite Verbreitung fanden Dreschhallen besonders in den 1880er, 1920er und zuletzt den frühen 1950er Jahren. Mit dem Aufkommen der Mähdrescher verloren die Dreschhallen ihre Funktion.
Die hier gezeigte Dreschhalle ist ein idealtypischer Bau aus den frühen 1950er Jahren. Die Konstruktion ist dem zeitgenössischem Fachbuch „Der Zimmerpolier“ vom Zimmermann Fritz Kreß entnommen. Von den sehr wenigen noch existenten Originaldreschhallen in Hessen war trotz langjähriger Suche keine ins Museum translozierbar. Die Gebäude waren entweder längst abgerissen, weil sie nicht mehr benötigt wurden, oder man hatte sie mit Wänden umbaut und als Gemeinschaftshaus oder Lagerschuppen umgenutzt. Die Gebäudekonstruktion steht auf Punktfundamenten. Die hier in mehreren Holzschichten verleimten Ständer der Halle entsprechen keinem historischen Vorbild. Neben Ziegeldächern waren Dacheindeckungen mit unbeschichteten Trapezblechen bei Dreschhallen weit verbreitet. Die Halle wird als Schaumagazin für landwirtschaftliche Großdreschgeräte und im Herbst für das Erntefest verwendet. Gezeigt werden eine Dreschmaschine mit den Antriebsentwicklungen von der Lokomobile zum Elektro-Motorwagen, Erntewagen sowie gezogene und selbstfahrende frühe Mähdrescher der 1950er und 1960er Jahre.
Geschichte des Dreschens
Ab 5.500 vor Christus wurden in Mitteleuropa die ersten Kulturen sesshaft. Der Ackerbau begann. Das Trennen der Getreidekörner von Stroh und Spreu zählt bis heute zu einer Standardarbeit nach der Ernte. Das Ausschlagen der Halme zum Lösen des Korns wird als Dreschen bezeichnet. Über viele Jahrhunderte änderte sich an der Technik des Dreschens wenig. Als typische Arbeit im Winter wurde das Korn auf der Tenne in der Scheune über Wochen mit Dreschflegeln ausgedroschen, was beschwerlich, personal- und zeitintensiv war.
Teils abenteuerlich anmutende Versuche zum Maschinendreschen mit Wasser- oder tierischer Kraft gab es vermehrt nach 1600. Pferde, Maultiere oder Ochsen wurden für mechanisches Dreschen genutzt, indem sie Dreschschlitten, -walzen oder -trommeln zogen oder per Antrieb über einen Göpel in Bewegung setzten. Die Ergebnisse ließen oft zu wünschen übrig. Das für Dacheindeckungen benötigte Stroh war häufig zu geschädigt für eine Weiterverarbeitung. Das Korn war zwar von den Ähren gelöst, jedoch weder gereinigt noch sortiert.
Mit der Einführung der sogenannten Windfege oder Fegemühle um 1700 wurden diese Arbeitsschritte optimiert. Dieses mit Kurbelkraft betriebene Reinigungsgerät fand sich bis in die 1960er Jahre auf den meisten Höfen. Die ersten dampfbetriebenen Dreschmaschinen kamen ab 1850 auf. Das Dreschen erfolgte nun direkt nach der Ernte. Das Winterdreschen entfiel und kostete zahllosen Landarbeitern die Arbeit. Fast alle wanderten in die im Zuge der Industrialisierung rapide anwachsenden Städte ab. Sie bildeten den neuen Berufsstand der Industriearbeiter. Mit der Elektrifizierung auf dem Land wurden die Dreschmaschinen ab den 1920er Jahren immer häufiger über Elektromotoren mit Strom betrieben. Die in Deutschland ab den 1950er Jahren aufkommenden traktorgezogenen oder selbstfahrenden Mähdrescher revolutionieren die Dreschtechnik endgültig.