Nachbau: 1997
Bänke dieser Art, in Hessen Ruh oder Ruhe genannt, befanden sich an Ausfallstraßen oder Weggabelungen größerer Städte, zum Beispiel an der Saalburgstraße nordwestlich von Bad Homburg vor der Höhe oder am Fuß der Burg Münzenberg im Wetteraukreis. Ruhen wurden meist aus Sandstein oder Basalt gefertigt und können ein- oder zweistufig gestaltet sein. Auf den ersten Blick sind diese unscheinbaren Steinbänke leicht zu übersehen. Sie zählen aber heute zu wichtigen Klein- und Flurdenkmälern, sind sie doch Zeugnisse früherer Transportformen und alter Handelswege.
Ruhen dienten Lastenträgern als Rastpunkt, um die schweren Körbe während eines mühsamen Weges absetzen und einen Moment ausruhen zu können. Die produzierten Waren der Handwerker oder die Erzeugnisse der Landwirtschaft mussten auf weiten und oft unebenen Wegen zu Fuß transportiert werden, denn einen Tragesel konnten sich nur Wohlhabende leisten. Neben den geflochtenen Körben mit Griffen für den Kopf oder den Arm waren Kötzen weit verbreitet. Das waren große Körbe, die mittels Gurten auf den Rücken geschnallt wurden. Tragekörbe jeder Art fertigte der ortsansässige Korbmacher aus Weidruten an. Die großen Kötzen konnten im Stehen auf den niedrigeren Stufen der Ruhe ab- und später wieder aufgesetzt werden, die höheren Steinstufen waren für die Kopf- und Schulterlasten vorgesehen.
So trugen beispielsweise Marktfrauen aus dem Usinger Land ihre Erzeugnisse in Körben auf dem Kopf und am Arm, um sie auf den Märkten der Vordertaunusstädte zu verkaufen. Auch boten die steinernen Bänke eine willkommene Gelegenheit, mit anderen Lastenträgern zu plaudern und Neuigkeiten auszutauschen.
Die Ruhe im Freilichtmuseum ist ein Nachbau der noch originalen Ruhe an der Saalburg. Im Unterschied zu den schlichten Formen vergleichbarer Steinbänke sind die Sandsteinplatten hier profiliert. Angefertigt hat sie der Bildhauer Rainer Landgraf.